Heute widme ich mich einem recht heiklem Thema, der Haarfarbe!

Warum sind manche Friseure schwer in der Lage einem Kunden die richtige Farbe zu kreieren?

Was sich beim schnöden dunkler Färben oder Tönen noch als ziemlich einfach herausstellt und wenig Expertenwissen verlangt, ist schon bei leichten Aufhellungen nicht mehr ganz so einfach, denn es gibt grundlegende Dinge, die man beherzigen und wissen sollte!

Der Anfang ist, dem Kunden die richtige Haarfarbe zu verpassen! Also reden wir mal über den Farbtyp!

Jahrzehntelang wurden Kunden mit „Frühjahr“-„Sommer“-„Herbst“-„Winter“ in Schubladen gestopft, aus denen sie nicht mehr heraus kamen! Noch heute arbeiten viele Friseure und Kosmetiker mit dieser Eingliederung! Das Jahreszeitenmodell gilt als gescheitert und nach meiner Meinung schon immer reichlich blöde gewesen!

Kalt/Warm Schablone zum Anstrahlen des Gesichts

Wir teilen die Farbtypen nur noch in Kalt-Warm-Neutral oder gar nicht so selten, in leichte Mischtypen ein! Menschen die alle Farben in intensiver Auslastung tragen können sind äußerst selten! Hierbei ist es aber wichtig, dass man über die Technik verfügt, den richtigen Farbtyp auch zweifelsfrei herauszufinden, dazu gibt es recht einfache Hilfsmittel. (siehe Bild)
Mit diesem Tool strahlt man dem Kunden ins Gesicht und schaut, welche Farbrichtung dem Kunden am meisten schmeichelt! Schaut, wie sich die Augenfarbe verändert und ob sich das Hautbild klärt oder grober erscheint!
Die Augen, aber auch die Teintfärbung sind ziemlich gute Merkmale, die zur Einsortierung bestens geeignet sind! Hautanomalien wie z.B. Teleangiektasien (Äderchenzeichnung) Rötungen, Narben und Male, werden mit der richtigen Farbrichtung zurücktreten.

Der größte Fehler: Man kreiert dem Kunden die Farbe, die er sich wünscht!

Mein Lieblingsspruch: „Mit der Farbe dürfen sie gerne Ihre Wohnung streichen, aber auf den Kopf gehört sie eigentlich nicht!“ Fakt ist, die schönste Farbe, die den Kunden am besten gefällt, ist nicht unbedingt die Farbe, die den Kunden am besten kleidet! Hier braucht der Kunde eine professionelle Beratung! Aber ich bin nicht hier um anderen Friseuren ein schriftliches Farbseminar zu geben, aber dem Kunden sollte bewusst sein…

Die falsche Farbrichtung hebt alles hervor, was eigentlich nicht so gerne gesehen wird, (Falten, Poren, Äderchen, Pickel etc) man sieht krank und blass aus und was man eigentlich gerne sieht, tritt ins Hintertreffen. (Augenfarbe, Bräune, Besonderheiten etc.) 

Natürlich kann man auch extrem gegen den Farbtyp arbeiten, dies macht man gerne um starke Kontraste zu schaffen, aber dies empfiehlt sich nur bei krassen Typen, die diese Kontraste auch wirklich leben können! Aber auch das Thema Conturing ist in letzte Zeit sehr populär geworden, hier wird nach der 2/3 – 1/3 verfahren und dem Kunden der zu 2 drittel kalt oder warm ist (Haut/Augen) die entsprechende Gegenfarbe (bei z.B. 2/3 kalt, eine Warme Farbe) angesetzt. Das soll zu mehr Kontur und einem stärkeren Kontrast führen. Kann sehr gut funktionieren, aber auch reichlich in die Hose gehen, denn einfach planlos dieser Regel folgen ist nicht immer gut, da es einfach auch auf den Kunden ankommt!

Kommen wir nun zum eigentlichen Färbevorgang, denn auch hier lauern haufenweise Gefahren, Fallen und Fettnäpfchen! Das größte Problem, nicht wenige Friseure sind gar nicht in der Lage, die einfache Farblehre wieder zu geben!

Mischfarben, Komplementärfarben, Farbkreis? Hääääh….? Ah… Hmmm?

Nun stellen Sie sich noch bitte den passenden Gesichtsausdruck dazu vor! Jupp… so schaut´s aus, wenn der sogenannte Fachmann nichts von seinem Fach versteht, schauen Sie bei Fachfragen natürlich ganz dolle in die Röhre! Was wir alle eigentlich schon im Kindergarten gelernt haben, wird dann später gerne mal verdrängt! Mischfarben;  da ja jeder mal ein bisschen mit dem Tuschkasten gemalt hat, kann hier der eine oder andere schon ein wenig mithalten, aber was zum Teufel sind denn Komplementärfarben?

Ich penetriere meine Azubis schon direkt ab den ersten Tagen mit der Farblehre, bei besonders lehrunwilligen lass ich mir gerne die Gemeinheit einfallen, das sie den Farbkreis nur mit den 3 Grundfarben erst mischen und dann malen müssen!

Denn ein Friseur der die Farblehre nicht beherrscht, kann keine Haare färben! 

Im Zweifel löchern Sie Ihren Friseur mit Grund- Misch- und Komplementärfarben, versagt dieser, lassen Sie sich, wenn überhaupt, nur „ton in ton“ oder dunkler Tönen oder Färben, denn spätestens beim Aufhellen folgt unweigerlich das Desaster!

Aber was sind denn überhaupt diese ominösen Komplementärfarben? Ganz einfach! Jede Farbe hat seine Gegenfarbe, d.h. Farben, die sich in ihrer Farbwirkung gegeneinander aufheben. Dies sind alle Farben, die sich im Farbkreis gegenüberstehen.

Wichtig sind für Friseure aber eigentlich nur:

                                        gelb gegen violett

                                        orange gegen blau

                                        rot gegen grün

                                        gelborange gegen blauviolett 

 

Mit diesem Wissen ist einem schon viel geholfen, reicht aber beim Haarefärben noch lange nicht!

Denn als Fachmann sollte ich auch wissen, welche Farbrichtung mir bei welcher Aufhellung entgegen strahlt, damit ich mit den passenden Komplementärfarben dagegen reagieren kann! Auch sollte man als Friseur wissen, welche Nuancierung hinter dem friseurtypischen Farbbezeichnungen stehen.

WAS IST: Asch, Cendré, Perl, Gold, Matt oder Mahagoni… auch bei Beige wissen die wenigsten was dies bedeuten soll!?

Das ein Cendré tartsächlich ein ganz helles pastell-türkisblau-violett ist… darauf kommt kaum ein Mensch… aber auch viele Kollegen haben hiervon wenig Ahnung!

Die Einteilung von kalt und warm ist so wie es ausschaut, für viele Menschen ein enormes Problem! Grade in einem Thread in der Friseurgruppe (Facebook), Tränen gelacht!

Da war ein Herr, der gerade bei einem Wella-Seminar vieles zwar gelernt, aber leider nicht richtig verstanden hat!

Was aber noch viel schlimmer war… der Kerl ließ sich weder von mir,noch von einem anderen altgedienten Friseurmeister, der genau wie ich den
„Master of Color“ (Color Diplom) erworben hatte, belehren! Nein er unterstellte uns noch, wie dumm und unwissend wir doch wären!

Orange hielt er noch treffend für eine warme Farbe, Kupfer wiederum sei natürlich kalt… wer jetzt aufpasst findet den kleinen Fehler. Aber auch „Brauntöne wie Kupfer“ wären doch eindeutig kalt! Mehrere gestandene Friseure hätten ja keine Ahnung! Ich hoffe noch immer, das dieser Herr sich einfach nicht richtig ausdrücken hat können und hat (sein Deutsch war nicht so gut) nur Violett und Kupfer verwechselt oder aber er wollte mich und den Kollegen einfach in den Wahnsinn treiben und hat sich vor dem PC sitzend, tot gelacht?

Immer wieder begegnen mir bei meiner Arbeit als Dozent angehende Friseurmeister die wenig wissen, fragt man welche Farbe sie nehmen würden ,um aus einem schnöden Mittelblond ein klares und neutrales Lichtblond zu zaubern, wollen sie eben auch ganz einfach nur dieses passende Lichtblond nehmen!
Später wundert man sich dann das bekannte zusätzliche Löchlein in´s Popöchen, wenn hierbei ein wunderschönes Gelborange-Blond herauskommt!

Eigentlich sollte man als Friseur wissen, welche Farbe entsteht, wenn man Haare aufhellt! Dies ist bei weitem etwas komplizierter und bedarf einer großen Erfahrung und nötiges Fachwissen, aber ich versuche es mal in einfachen Worten zu erklären!

Alle Naturhaarfarben bestehen nur aus zwei Pigmentarten: kleine rötlich-gelbe Pigmente und größere grünlich-braune Pigmente. Beim Aufhellen des Haares lässt sich eines dieser beiden Pigmente schlechter abbauen und es verbleibt immer etwas rot|orange|gelb zurück im Haar und muss mit der passenden Komplementärfarbe komplementiert (abegetönt/mattiert) werden. Nun muss ich als Friseur eigentlich nur noch wissen,welche Farbe mir bei welcher Naturtontiefe entgegen kommt und ich kann super reagieren! In der Regel kommt einem, je dunkler oder je aschiger der Naturton ist, um so mehr warme Pigmente entgegen und um so kühler muss ich die Farbe wählen! Hierfür bieten alle Hersteller im Profisektor spezielle Farbsysteme, mit denen der Profi „eigentlich“ auf jede Situation reagieren können sollte.

Aufhellung Naturtontiefen

Hellblond        (8/0) = gelb
Mittelblond     (7/0) = gelb-orange
Dunkelblond  (6/0) = orange-gelb
Hellbraun       (5/0) = orange-rot
dunkler                   = fast ausschliesslich rot

Eigentlich gar nicht so schwer? Aber trotzdem laufen enorm viele Kunden bei uns auf, die von einem Friseur die schönsten orange-gelb Haarfarben kreiert bekommen und wir haben immer öfter die Ehre, eben diese Haarfarben zu retten!  Tja ,ein weiteres Problem, das den Niedergang und mangelnde Wertschätzung unseres Berufes, billige Preise und schlechter Nachwuchs, geschuldet ist. Für Fort -und Weiterbildung fehlt immer öfter das Geld, weil  natürlich immer alles billiger werden muss!

Etwas bildlicher Erklärt von meinem geschätzten Kollegen Daniel Golz …kühles oder warmes Blond?


Nun noch kurz das Thema: Dann mach ich´s mir halt selbst!


Also wenn sie den obigen Text gelesen und verstanden haben, (hoffe es ist nicht zu kompliziert geschrieben)
sollten sie eigentlich zu genüge gewarnt sein sich die Härchen lieber nicht selbst zu ruinieren! Denn was viele Friseure leider alles verzapfen, ist rein gar nichts dagegen, was wir immer wieder bei Kunden retten müssen, die sich in wunderbaren Selbstversuchen die schrillsten Farben und den Haarzustand, kurz vorm Friedhof gebracht haben! Ein Waldspaziergang (grüne Haare) ist da noch das einfachere Programm! Denn die zum Teil sehr aggressiven Färbe und Tönungsmittel aus der Drogerie, einige werben zwar mit der gleichen Qualität der teuren Friseurprodukte und sind auch noch angeblich von Friseuren empfohlen und sogar mitentwickelt, lassen sich bei falschen Haarfarben nicht mal mehr aus dem Haar entfernen! Und so schön wie auf der Packung abgebildet kann es wenn man den Text oben gelesen hat, logischerweise gar nicht werden. Auch sind die Begriffe -Farbe-Tönung-Coloration- keine geschützten Bezeichnungen! Denn was sie sich da dann wirklich auf den Kopf klatschen, weiß wenn überhaupt der Chemiker der das Zeug angerührt hat! Seit neusten gibt es auch tolle Antigelb-Farben, das diese gar nicht funktionieren können ist eigentlich auch logisch… da man je nach Begebenheit andere Töne komplementieren muss! Aber auch die neuen „antigelb“ Mittelchen die es seit einiger Zeit von unterschiedlichen Herstellern zu kaufen gibt, sind mit Vorsicht zu genießen… sie mattieren/komplementieren nicht nur, sondern sie bauen auf chemische Art auch Pigmente ab! Sobald man hier mit einer Blondierung aufs Haar geht können unvorhersehbare Wechselwirkungen sogar zur völligen Zerstörung der Haare führen!

Drum werde nicht zum Heimfärbeopfer! 😉

Lesen sie auch im kommenden Post: Haarfarbe – Risiken und Nebenwirkungen


Willst auch Du mehr über Farbe lernen!? Mein guter Freund Ramin Dell bietet hervorragende Farb-, Farbrettungs- Seminare in Theorie und Praxis an! 🙂

Friseurunternehmer und Medienstar Ramin Dell