Sehr geehrter Vorstand und Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerkes.

Als Antwort auf das bei FMFM veröffentlichten Briefes, möchte ich hier nun wieder öffentlich auf Ihr Schreiben eingehen.

Unter der Rubrik – Zu viel Lärm, zu wenig Gespräch?  reagierten sie  auf meinen offen Brief über ihr Sprachrohr FMFM.
Dessen Lektüre ließ mich dann einigermaßen sprachlos zurück. Wie meine Begleitung konnte auch ich mich partout nicht an ein Gesprächsangebot erinnern.
Ganz im Gegenteil: wir alle hatten das deutliche Gefühl, man wolle uns so schnell als möglich loswerden!

An dieser dürftigen Antwort und an dem Wortlaut auf FMFM hat mich jedoch am meisten gestört, dass der Eindruck erweckt wird, ich hätte nur “laute” Vorwürfe ausgesprochen. Neben meiner berechtigten Kritik habe ich den Kollegen, die sich in Innungen und Verbänden engagieren, ausdrücklich meine Hochachtung ausgesprochen! Ich persönlich freue mich sehr über dieses Gesprächsangebot, denn über 20.000 Leser und unzählige Kommentare und persönliche Nachrichten beweisen, dass dieser Brief einen empfindlichen Nerv getroffen hatte.
Musste der Verband nun, da es zu “LAUT” wurde, reagieren?

In dem Antwortschreiben klingt es so, als lebten wir Friseure nahezu im Schlaraffenland, wo „Milch und Honig nur so fließen“.
Ich weiß, was mit “Verteidigung des Meisters” gemeint ist.

Dennoch, für viele Kollegen klingt dies nach purem Hohn, machen doch heute in Deutschland an jeder Ecke immer neue “nicht mit Meistern” besetzte ” BARBER SHOPS ” auf und schaden unserem Image und unseren Beruf insgesamt!

Auf Innungsversammlungen und in Gesprächen mit Kollegen werden diese Missstände gerade intensiv diskutiert, und einmal mehr reagieren Verbände anscheinend nicht auf die Befürchtungen der Kollegen! Diese fühlen sich ohnmächtig, wütend und sind empört, dass hier eine Gruppe von “Unternehmern” außerhalb jeglicher gesetzlichen Ebenen (oder auch Handwerksordnung) agieren können und weder Innungen, Verbände oder Kammern bisher etwas dagegen unternehmen. Aber auch bei den Themen Ausbildung Preise Löhne Fachkräftemangel uvm. tun sich gravierende Problematiken auf!

Die Reaktion auf meinen Brief zeigt mir leider, dass man an den entscheidenden Stellen weit davon entfernt ist, sich diesen Problemen zu stellen und wirklich Abhilfe zu schaffen! Das Antwortschreiben klingt nach: ist doch alles gut, wir machen doch ALLES richtig und die paar Probleme… aber wir haben ja den Meister geschützt und ein Bachelorstudium erfunden, welches keiner braucht!

Von dem Status „Meistertitel“ ist nicht mehr viel übrig, das kann ich als Prüfer und Dozent an der Meisterschule der HWK Braunschweig-Lüneburg-Stade unbedingt beurteilen. Praktisch ist durchfallen hier kaum mehr möglich!
Beim Beispiel Meisterpflicht ist aber auch bekannt, dass die Politik längst erkannt hat, dass die Auslagerung einiger Berufe in die Anlage B falsch war und deswegen hier wieder zurückgerudert wird! Ich glaube, hier gibt es deutlich mehr Gesprächsbedarf!

Ich würde mir einen Roundtable wünschen, der öffentlich geführt und nicht nur unter 4-6 Augen, sondern mit Kollegen aus der breiten Masse besetzt sein sollte! Mir ist nämlich wichtig, dass ich nicht bei Vorwürfen stehen bleiben möchte, sondern Änderungen in Form konstruktiver Zusammenarbeit anstrebe. Eine Teilnehmerakquise können wir dann öffentlich über Facebook und/oder über FMFM ausrufen.

Was aber auch für Verwirrung sorgte, dass der Beitrag mit dem Antwortschreiben dann plötzlich auf FMFM nicht mehr aufzufinden war. Hierauf erreichten mich viele empörte Nachrichten. Erst auf Anfrage durch mich, wurde das wieder geändert und mitgeteilt, dass es an der Umstellung von FMFM in Design und Technik gelegen ist. Aber leider verschwanden auch die vielen Kommentare, die mich und meine Meinung z.T. sehr deutlich unterstützen und auch das Antwortschreiben ist hier nicht mehr zu finden. Meine diesbezügliche Anfrage würde nicht beantwortet. Das fühlt sich leider gerade alles ziemlich unwirklich an!

Übrigens nur zur Info, dieses Schreiben habe ich bis heute ausschließlich auf Facebook lesen können. Persönlich erreichte mich dieses Schreiben bisher nicht! Ich bin etwas verwundert, hätte aber auch mehr Meinungsäußerungen von den Kollegen aus den Gruppen erwartet!

Alle äußern in den Gruppen oder per persönlicher Nachricht ihre Unzufriedenheit, öffentlich (also außerhalb des Gruppenschutzes) traut sich kaum einer zu Wort zu melden! Private Nachrichten in dieser Richtung habe ich sehr viele bekommen. Jedoch ist dies leider nicht besonders vertrauenerweckend! Es verschwinden Briefe, oder kommen erst gar nicht an und der Beitrag dazu ist plötzlich gelöscht? Sicherlich, unglückliche Zufälle, sowie technische Probleme können zwar theoretisch eine Rolle spielen, aber sie häufen sich hier doch sehr auffällig.

Um die angesprochenen Themen nun wirklich konstruktiv angehen zu können, bitte ich noch einmal dringend um die Einberufung eines „Roundtable“.
Themenbereiche, die dort nach Ansicht der betroffenen unbedingt bearbeitet werden sollten, müssen sein:

(kurze Zusammenfassung aus den vielen Nachrichten und Kommentaren)

  • Außenwirkung:

Innungen, Landesinnungsverbände, aber am wichtigsten der Zentralverband sollten nach Meinung vieler, eine intensivierte Öffentlichkeitsarbeit ausbauen – auch in den sozialen Netzwerken ein Sprach- und Informationsrohr bieten und auch auf Fragen eingehen, damit Kollegen erfahren und verstehen, wie wichtig es ist, ihre Innungen zu unterstützen! So erwarten wir eine Stärkung der Verbände und Innungen, auch wenn die Kollegen persönlich nicht sofort etwas davon haben!

  • Meisterpflicht:

Ein „weichgespülter“ Meistertitel, dessen Niveau stark gesenkt wurde, ist keine Aufwertung, sondern bewirkt genau das Gegenteil! Außerdem gehört der große Befähigungsnachweis rigoroser angewendet und die Einhaltung nachhaltiger überprüft! Auch empfinden die meisten Kollegen die jetzige Situation, dass ein frisch ausgelernter Geselle ohne jegliche Berufserfahrung, den Meistertitel innerhalb weniger Monate erlangen kann, als einen der größten Missstände in unserem Beruf! Praktisch ist es möglich, dass ein 17-jähriges Kind seinen Meister machen kann!

Ein Hauptthema auf Innungsversammlungen und Gesprächen mit Kollegen in den sozialen Medien, aber auch in persönlichen Gesprächen, sind die aus dem Boden schießenden und den Friseurmarkt überflutenden billigen Barber Salons mit reichlich fragwürdigen Verbindungen und Geschäftspraktiken. Diese wirken sich ausgesprochen negativ auf das Ansehen des Friseurstandes aus.
Der Friseur ist heute nahezu zu einer Schmiddelbranche verkommen, die mehr mit Schwarzgeld, Geldwäsche, Drogen und Prostitutionsmilieu zu tun hat, als mit Schönheit und Ästhetik.

  • Marketing für Friseure:

Wir brauchen öffentliche Kampagnen von professionellen Werbestrategen, in denen der Friseurberuf in ein anderes Licht gesetzt wird, weg vom Billig, Billiglohn und hin zu Qualität und vernünftigen Preisleitungssituationen.

Das neue Bachelor-Studium wiederum verfehlt in diesem Zusammenhang sein Ziel, denn so rekrutieren wir keine neuen Mitarbeiter und Nachwuchs für die Praxis – sondern erschaffen Kollegen, die sich dann eh lieber selbständig machen, da würde die Aufwertung des Meisters mehr bringen!

Auch muss in diesen öffentlichen Werbekampagnen klargestellt werden, dass auch wir Friseure das Recht und -in Verantwortung für unsere Mitarbeiter- sogar die Pflicht haben, die gleichen Stundenverrechnungssätze wie andere Handwerker verlangen zu können und zu müssen! Dabei haben wir allen Beteiligten klar zu machen, dass dieser Beruf hohen Wert besitzt, und dass hier genau so viel verdient werden kann, wie in anderen Handwerksberufen!

wenn Marketing, dann bitte nicht diese Peinlichkeiten – die ungewollt komisch – eher schädlich wirken!

Beim Löten eine Schutzbrille und gleichzeitig den heißen Lötkolben anfassen? Wir Können das?

Beim Zentralverband scheitert es bisher z.B.  an einer adäquaten Website, die Technisch wie auch optisch unprofessionell und bieder wirkt. Kaum wird über die Arbeit von Innungen, Verbänden und des Zentralverbandes gesprochen und diskutiert. Das wird, wie in meinem Brief angesprochen, auch weiter dazu führen, dass der Großteil der Kollegen nicht in Innungen eintreten und Nochmitglieder demnächst austreten werden! Was man aber auf der Seite findet, sind bieder und ungewollt komischen Werbekampagnen – wer auch immer sich diese ausgedacht oder genehmigt hat!

  • Ausbildung:

Das Konzept „duale Ausbildung“ hört sich ja hochtrabend an, es hat jedoch keinen Effekt, wenn keiner mehr ausbildet und/oder eben keiner mehr diesen schönen Beruf erlernen möchte. Ein „Bachelor of Arts“ ändert nach Meinung der meisten Kollegen, mit denen ich darüber gesprochen habe, in keiner Weise diese Problematik! Die Ausbildungsrahmen-bedingen gehören dringend und umfangreich reformiert und aufgewertet! Der Beruf muss mit intensiven Kampagnen wieder attraktiv gemacht werden. Die jungen Menschen müssen aus ihrer Realität abgeholt werden. Dies gelingt nicht mit Jahrzehnte alten Phrasen!

  • Tariflöhne:

Es ist durchaus positiv zu bewerten, dass es nun vermehrt wieder allgemeinverbindliche Tarife gibt. Dieser Effekt verpufft allerdings leicht, wenn diese in den meisten Bezirken nur knapp über dem Mindestlohn liegen. Ich denke, hier gehen wir sicherlich konform? Es ist mir und anderen Kollegen natürlich klar, dass man frisch ausgelernten Mitarbeitern keine horrend hohen Löhne zahlen kann. Die Lohnstufen 1-3 sind nicht wie früher nach Gesellenjahren geregelt, sondern nach Qualifikation. Jedoch ohne dass es hier realistische Parameter gibt! So kann jeder Unternehmer praktisch selbst entscheiden, in welche Lohngruppe die Mitarbeiter einsortiert werden! Das führt dazu, dass es Mitarbeiter gibt, die nach über zwanzig Berufsjahren immer noch nach Lohnstufe 1 bezahlt werden! Ein möglicher Lösungsansatz wäre hier, die ersten drei Lohnstufen wieder nach Gesellenjahren zu berechnen und höhere Lohnstufen dann nach klar definierten Qualifikationen einzugrenzen. So wird vermieden, dass Mitarbeiter über Jahre und Jahrzehnte sogar laut Tarifvertrag ausgebeutet werden.

  • Preisniveau:

Friseurunternehmern sollte eine Kalkulationspflicht auferlegt werden! Das Thema Betriebswirtschaft muss auch viel deutlicher in Berufs- und Meisterschulen und vor allem in einem viel größeren und intensiveren Umfang vermittelt werden! Es darf nicht passieren, dass ein Gewerk mit Unternehmern, von denen 70-80 Prozent kaum betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse besitzen, durch vollkommen unrealistische Preis-,Lohn- und Gewinnschätzungen, in den Ruin geführt wird. Zumindest sollte es wie in Bayern eine Pflicht geben, dass der Unternehmer seinen Mitarbeitern jährlich darlegen muss, wie viel er leisten muss und ab welcher Leistung er mehr verdienen kann! Diese Verpflichtung ist nicht ohne ausreichende Kalkulation zu erfüllen.

  • Kleinunternehmerregelung:

Dieses Thema ist bekannt, sollte aber durch Veröffentlichungen und mehr Informationen in den Fokus gerückt werden. Eine solche Diskussion könnte ja vielleicht sogar “neue” und auch von der Politik akzeptierte Lösungsansätze für diese Problematik aufzeigen.

Dies sind Themen, die ich sehr gerne mit Ihnen bearbeiten möchte. Aber nicht, wie angesprochen, in einem 4-6 Augengespräch.

 

Ich fordere sie höflich aber nachdrücklich dazu auf, eine Gesprächsrunde mit einer Auswahl von Kollegen einzuberufen, welche die Aufgabe hat, Wege aufzuzeigen und Lösungen für die angesprochenen Themenbereiche zu finden. Als Gäste würde ich mir Kollegen aus Innungen, Verbänden, aber auch Mitglieder aus den großen Friseur-Gruppen wünschen!

Mit freundlichen Grüßen

Friseurmeister

Christian Funk

P.S. dieses Schreiben geht nun auch postalisch und sicherheitshalber auch per Einschreiben an sie!