PENG. Unsere Rezeptionistin war weg. Plötzlich und völlig unerwartet.
Da stehst du dann als Team und steckst in einem echten Dilemma. Die Teamstruktur bei Haarchitektur hatte sich sowieso verändert, das produktive Team war den letzten Jahres kleiner geworden, und ich selbst bin nur noch an zwei halben Tagen im Salon.
Eine Vollzeitkraft an der Rezeption? Puh.
Das hatte/hätte uns finanziell echt belastet. Die Lohnkosten steigen, der Umsatz aber nicht automatisch mit. Das hätte bedeutet: Jeder Einzelne von uns hätte mehr Umsatz machen müssen, damit das Gehalt der neuen Kraft reinkommt, bevor überhaupt etwas (Leistungslohn) bei den Mitarbeitenden selbst ankommt.
Und ganz ehrlich: Die Einarbeitung? Ein Haufen Arbeit. Bis alle Aufgaben verteilt und geschult sind, dauert es. In dieser Einarbeitungsphase herrscht oft mehr Chaos als Nutzen.
Also: Was tun?
Der tägliche Wahnsinn: Das Telefon.
Ihr kennt das: Der Laden ist voll, du hast gerade Farbe auf den Händen oder steckst mitten in einem Schnitt, und DAAAAUERND klingelt das Telefon.
Das zu ignorieren, ist keine Option. Aber den Kunden, den du gerade am Platz hast, immer wieder zu verlassen, um ranzugehen? Fühlt sich genauso furchtbar an und ist für alle unbefriedigend. Anrufbeantworter? Das muss dann meist jemand nach Feierabend oder zwischen durch abarbeiten – auch keine befriedigende Option!
Die (skeptische) Begegnung auf der Messe
Ich war im Frühling auf der Top Hair Messe in Düsseldorf und landete am Stand unseres Kassenanbieters E-Cut bei Thomas Schröder von Salonhelden. Er zeigte mir ein neues KI-System, das direkt mit unserer E-Cut-Kasse synchron läuft.
Was es können soll? Terminbuchungen, Fragen beantworten, Umbuchungen, Absagen (in Zukunft für erkrankte Mitarbeiter Termine absagen & verlegen uvm.) – alles per Telefon und WhatsApp.
Grundsätzlich bin ich ja offen für neue Ideen, aber eben auch skeptisch. Was auf keinen Fall ging, war so ein beklopptes Sprachsystem, wie man es bei den meisten Telefonanbietern vorgeschaltet bekommt. Diese Dinger, die mich innerhalb von zwei Minuten um den Verstand labern.
„Darf ich meinen Hund mitbringen?“ – Die KI im Kreuzverhör
Ich hab mir das System also direkt vor Ort angeschaut und getestet. Ich rief die KI an und konfrontierte sie mit den seltsamsten Fragen, um zu sehen, was sie kann:
- „Darf ich meinen Hund mitbringen?“ Antwort: „Klar, aber sorge dafür, dass er brav und wohlerzogen ist und die anderen Gäste nicht stört!“
- „Gibt es Bier zu trinken?“ Antwort: „Nein, aber wir haben eine große Auswahl an verschiedenen Getränken. Wir sind jedoch keine Gastronomie und haben keine Schankerlaubnis.“
- „Habt ihr Shampoos ohne Parabene?“ Antwort: „Natürlich, unsere gesamten Produkte sind zu 99% parabenfrei. Der behandelnde Kollege kann dich gern beraten.“
- „Enthalten eure Haarfarben Paratolylendiamin?“ Antwort: „Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten, aber ich kann das Team bitten, dich zurückzurufen.“
Ich war beeindruckt.
In den nächsten Tagen testete ich das System weiter per WhatsApp und löcherte es mit den seltsamsten Anfragen. Langsam war ich überzeugt: Die Lösung macht einen überraschend guten Job. Manchmal erwischte ich mich sogar dabei, wie ich Sonntagabend um 23 Uhr aus dem Salon was abholte und dachte: „Wer ruft denn jetzt noch im Geschäft an?“ – Das allein zeigt ja schon, wie flexibel die KI sein kann.
Die Tücken der Technik (oder: Unser Kampf mit Vodafone)
Okay, die Woche drauf traf ich mich online mit Thomas. Wir schmiedeten Pläne. Das Angebot klang fair: eine gewisse Freigrenze an KI-Kommunikationen zu einem Grundpreis, immer individuell anpassbar. Ich stimmte dem Vertrag zu.
Die Einrichtung der KI selbst? War in Sekunden erledigt. Nur unser Vodafone-Kabelanschluss… der wollte nicht mitspielen.
Das Problem: Bei der Umleitung über die Fritz!Box wurde immer nur unsere eigene Nummer angezeigt, nicht die des anrufenden Kunden. Völlig nutzlos.
Mehrere Umleitungsversuche seitens Vodafone führten ins absolute Nix. Bis mir dann endlich mal jemand erklärte, dass ich das aus „datenschutztechnischen Gründen“ (das Lieblingswort!) nur selbst im Kundenportal einstellen könnte.
Blöd nur: Ich war da „noch“ nicht angemeldet. Also musste ich eine Woche warten, bis mir die Zugangsdaten per Post (!) zugesendet wurden. Warum das so unvorstellbar kompliziert war, bleibt ein Rätsel – ich hatte mich ja mit allen möglichen Kennwörtern, Geburtsdaten, Adressen und was weiß ich noch allem legitimiert.
Dann kamen zwei Urlaube dazwischen (meiner und der von Thomas). Als ich die Umleitung endlich einrichten wollte, fand ich mich in diesem kompliziert, verwirrend aufgebauten und unglaublich langsamen Portal nicht zurecht.
Ich forderte also (erneut) Hilfe bei Vodafone an. Der Herr am Telefon erklärte mir, das alles wäre vollkommen umsonst gewesen – mit einem Kabelanschluss sei das ALLES GAR NICHT MÖGLICH!
So zogen weitere Wochen ins Land. Immer war irgendwas. Die letzte Idee war, den Anschluss zu einem externen Anbieter zu portieren.
Bis wir uns dann endlich zu „DEM“ finalen Umstellungstermin trafen… und herausfanden, wie blöde (Sorry, aber es ist so!) die gesamte Mitarbeitercrew von Vodafone doch ist. Wir konnten die Umleitung nämlich tatsächlich doch noch über das unglaublich lahme und kompliziert verschachtelte Portal-Menü einrichten, ohne Thomas Hilfe hätte ich das never geschafft!
Übrigens – E-Cut – Salonhelden – wenn jemand kompetente Hilfe von seinem Support wünscht und hier nicht Unmengen Geld dafür hinblättern muss, nur damit einem geholfen wird – der sollte sich unbedingt mit E-Cut bewaffnen – in meinem ganzen Leben habe bei keiner anderen Hotline konstant so einen guten und fähigen Support erlebt!
Vier Wochen mit „Lucy“: Ein erstes, ehrliches Fazit
Jetzt haben wir die ersten vier Wochen mit der KI als Rezeptionskraft hinter uns. Wir haben sie so eingestellt, dass sie erst nach 30 Sekunden übernimmt (damit wir die Chance haben, ranzugehen). Außerhalb der Öffnungszeiten ist sie natürlich immer für unsere Kunden da.
Wir nennen sie übrigens liebevoll „Lucy“.

In diesen vier Wochen gab es gute, sehr gute und auch weniger gute Erlebnisse.
Die Statistik sagt: 63 % Erfolgsrate und 80 % Zufriedenheit. Das klingt erstmal gar nicht so schlecht, ist aber in der Detailbetrachtung noch negativer, als es sich anhört. Aber: Die Buchungen über WhatsApp haben enorm zugenommen (über 20 % mehr), und die Telefonate oder Chats, bei denen es nicht klappt, werden immer seltener.
Lucy lernt jeden Tag dazu. Wir können jedes Gespräch und jeden Chat nachlesen, auf Fehler reagieren und ihr auftragen, bei bestimmten Gesprächen bessere Infos zu geben, anders zu antworten oder auf spezielle Fragen zu reagieren.
Wir haben ihr zum Beispiel beigebracht, wie unsere Nachnamen sind, da wir im Portal alle nur mit Vornamen eingetragen waren.
Wo es (noch) hakt
Natürlich ist nicht alles perfekt.
- Das sofortige Auflegen: Manche Anrufer legen sofort auf, sobald sie Lucys Stimme hören. (Wie viele davon nervige Werbeanrufer sind, können wir leider nicht ermitteln.)
- Das „Ich-rede-nicht-mit-einem-Bot“-Problem: Manche Kunden verhalten sich genervt und einsilbig. Das kann dann natürlich nicht zum Erfolg führen, weil sie denken, Lucy sei ein banaler Sprachbot, der nur „Ja“ und „Nein“ versteht.
- Sonderwünsche: Lucy kann (bisher) nur streng nach unserem absichtlich einfach gehaltenen Online-Planer Termine vergeben. Spezielle Sonderwünsche oder wenn Kunden „Farbe“ buchen, aber „Strähnen“ meinen, kann sie nicht verarbeiten. Aber hey – das wäre im Online-Planer auch nicht anders. Immerhin erklärt Lucy unseren Kunden sehr lieb und geduldig, warum es nicht funktioniert, und bietet immer einen Rückruf an.
Unser Fazit? Sie ist eine Hilfe. Und was wir uns noch wünschen.
Nach nur 4 Wochen Testphase wäre es vermessen, hier ein finales Urteil zu fällen. Aber selbst in dieser kurzen Zeit sehen wir, dass Lucy immer besser mit den Anfragen umgehen kann und die Buchungen erfolgreicher werden. Es werden jeden Tag weniger Probleme gemeldet, und gerade jüngere Kunden nehmen das System schon sehr gerne an.
Wir haben manchmal auch wirklich was zu lachen, weil die Ergebnisse echt drollig sein können!
Klar ist: Wir gehen nach wie vor lieber selbst ans Telefon. Wir wissen, dass wir (noch) individueller auf Kundenwünsche eingehen können.
Aber Lucy ist uns schon jetzt eine große Hilfe. Sie entlastet uns, gerade an Stoßtagen, wenn wenig Kollegen da sind, die ans Telefon gehen können. Und sie wird ja noch besser.
Was noch fehlt (woran aber gearbeitet wird):
- Upselling: Es wäre super, wenn Lucy nicht nur stur Termine bucht, sondern auch die hochwertige Dienstleistung in den Vordergrund stellt – zum Beispiel bei einer Haarfarbe auch gleich das Augenpaket anbietet.
- Krankmeldungs-Management: Darauf warten wir sehnsüchtig! Wenn Lucy bei Erkrankung von Mitarbeitern die Kunden per WhatsApp oder Telefon kontaktieren, Termine absagen und Umbuchungen managen könnte… das würde uns an stressigen Tagen ungemein entlasten.
Leave A Comment