In einem meiner Beiträge habe ich Euch erzählt, weshalb und mit welchen Folgen das Friseurhandwerk momentan am Rande eines “Abgrundes” steht. Dies könnte ich beliebig weiter spinnen, es gäbe noch viele Beispiele. Aber das führt nicht weiter, denn gejammert wird an vielen Stellen genug. Wir Friseure scheinen dafür leider ein großes Talent zu besitzen!

Nein, ich möchte Euch erzählen, wie es denn überhaupt zu diesen schwerwiegenden Problemen kommen konnte!

Letztendlich sind wir, die Friseure, selbst schuld daran! Das soll aber nicht heißen, dass man jetzt jeden beliebigen Schnibbelkünstler auf der Straße anschnacken kann und ihm vor die Nase knallt: “Hey Du, dass es Euch Friseuren nun mal grad ziemlich bescheiden geht, hast Du persönlich selbst verursacht.“ Nein, so ist es nicht!

Schon vor vielen Jahren haben sich die Friseure anscheinend entschlossen, dass ihre Dienstleistung weniger wert sei, als die anderer Handwerker! Die Stundenlöhne waren schon immer weit unter dem, was andere Handwerker verlangt haben! Wenn man im Jahr 2014 sein Auto in die Werkstatt bringt, dann zahlt man gut und gerne 70,- – 120,- € pro Std.! Im Durchschnitt freut sich der Friseur, wenn er in der gleichen Zeit 50,- € verlangen kann! Bei “Billig-Friseuren” sind Einnahmen von deutlich weniger als 30,- € pro Std. die Regel!

Bei niedrigen Preisen ist es den Friseur-Mitarbeitern gar nicht möglich, genügend Umsätze für einen würdigen Lohn und auch Gewinn zu generieren!

Also auch diese Thematiken haben wir zur Genüge durchgekaut und letztendlich gibt es stets zwei Seiten die an dem Desaster beteiligt sind!

Die einen die die Arbeit ihrer Mitarbeiter vollkommen unter Wert verscherbeln, mit Schwarzumsätzen und Lohndumping agieren und ihre Mitarbeiter, frei jeder Menschlichkeit ausbeuten, ausnutzen und einen ganzen Beruf in Verruf bringen.

Und die andere Seite, sind Mitarbeiter die diese ganze Situation unterstützen, sich zum Teil schwarz bezahlen lassen, sich und ihre Arbeit vollkommen unter Wert verkaufen und sich mit unbezahlten Überstunden und miesen Gehältern ausbluten lassen und das schon seit etlichen Jahren!

Mitarbeiter werden überall händeringend gesucht! Auf Facebook, gefühlt jeder zweite Post ein Jobangebot! 

Finden tun anscheint nur die, die Ihre Mitarbeiter mit unlauteren Mitteln entweder schwarz oder schlecht bezahlen und mit ihren Preisen unseren Beruf zerstören.

Warum können solche Läden denn aus dem Nichts aufblühen, wenn eine ganze Branche unter Mitarbeitermangel leidet? 

Ich sage es ganz klar, weil diese Branche schon im Kern kaputt ist, weil viele Mitarbeiter nicht bereit sind ihren Hintern zu erheben und verlangen für Ihren Umsatz auch das Gehalt zu bekommen und/oder sich in solchen Seelenverkäufern weit unter Wert verhökern lassen und sich nicht trauen, in einem Qualitätsbetrieb, endlich auch wieder Qualität zu verkaufen!

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Schluss mit Pfusch, besonder
bei der Ausbildung!
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Diskutiert man bei Facebook über Lohn und Umsatzstrukturen:

Tausende von Ausreden, warum, wieso und weshalb das nicht gehen würde und warum man nicht in einem “besseren” Geschäft arbeiten könnte!

Preiserhöhungen? Nein bei uns nicht… wir sind doch auf´em Dorf!!

Das man aber mit Billig-Preisen eben auch ein Billig-Image und den dazugehörigen preissensiblen Kunden bekommt, sollte eigentlich jedem klar sein!

Natürlich arbeiten wir alle weit lieber unter Wert, denn es gibt nicht viele Berufe, die ähnlich viele und umfangreiche Fähigkeiten abverlangen. Insofern ist es mir ein Rätsel, wie man bei diesen hohen Voraussetzungen immer noch das Mindestniveau der heutigen Hauptschüler voraussetzen kann!?

Welche Fähigkeiten, wollt Ihr wissen?

Ich nenne gerne beispielhaft einige grundsätzliche Mindestanforderungen an einen Friseur:

  • Rhetorik
  • künstlerische Fähigkeiten
  • medizinische Grundkenntnisse
  • Empathie
  • chemische Grundkenntnisse
  • kaufmännische Grundkenntnisse
  • psychologische Grundkenntnisse
  • Wissen über Gestik, Mimik und Körpersprache
  • Farblehre
  • Typberatung
  • Kosmetik
  • Warenkunde
  • Lagerlogistik uvm.

Bei aller Bescheidenheit: Ein Stundenlohn von 8,50 € kann nicht wirklich richtig sein!

Als ich 1987 in die Lehre ging, hatte ich das große Glück einen guten Lehrherrn zu haben.
Er hatte damals 13 Filialen und gehörte zu den damaligen “Billigfriseuren”!
Aber die Ausbildung war hervorragend, die Qualität prima und wir hatten viele zufriedene Kunden!
Als ich ausgelernt habe (1990), kostete ein Herren – Trockenhaarschnitt 9,50 DM (mittlerweile befanden sich die Preise in einem mittleren Niveau), und ich verdiente damals ca. 950,- DM netto…

Wie sieht es heute aus?
Trockenschnitt Herren liegt bei mir im Salon bei 23,-€, die Verdienstmöglichkeiten (laut allgemeinverbindlichen Tarifvertrag) beim Mindetslohn   also ca. 999,- € netto!

Fällt Euch etwas auf? Ja ich weiß, Mathe liegt nicht jedem…

Die Preise haben sich fast vervierfacht in diesen Jahren, während die Gehälter sich aber nur verdoppelt haben!

Häää…? Was quarkt denn der “Funk” schon wieder rum!? Ist doch klasse, die Friseurunternehmer verdienen sich doch ne goldene Nase!

Tja… wenn da nicht die massiv gestiegenen Lohnnebenkosten, Energiepreise, Mieten, Inflation, und, und, und… wären…

Fazit:

  • Friseurmitarbeiter sind schon immer eher lethargisch, unorganisiert (kaum einer ist in der Gewerkschaft) und leider… meistens recht ungebildet… (logisch, Mitarbeiter mit höherer Schulbildung schreckt der geringe Verdienst verständlicherweise ab)
  • Friseuruntenehmer sind schon seit vielen Jahren nicht bereit, ihren Mitarbeitern (menschenwürdige) Löhne zu bezahlen (dadurch sinkt das Niveau der Mitarbeiter), und die dafür notwendigen Preise zu verlangen! Sie sind ähnlich unorganisiert wie ihre Mitarbeiter (Innungen sterben durch Mitgliedermangel aus), jammern lieber, anstatt etwas zu unternehmen (obwohl sie sich Unternehmer nennen) und haben den Discountfriseuren durch diese Lethargie den Weg bereitet!

Sie fühlen sich angesprochen und sind auch Friseur oder Friseurunternehmer scheinbar ohne Einflussmöglichkeit?

Bitte erinnern Sie sich an die Worte von oben: Man kann hier niemanden persönlich etwas ankreiden!

(Vielen Dank an Ralf Steinhoff für seine Lektorendienste)